Bestimmt haben Sie klare Vorstellungen davon, wie ein Hund zu sein hat, der im Zirkus arbeitet: aufgeschlossen, lebhaft, mit Begeisterung bei der Sache – und vor allem sollte er Tricks können. Ein nicht ganz unwesentlicher Aspekt, wenn man bedenkt, dass der Hauptzweck eines Zirkushundes ist, die Leute zu erheitern und mit seinem Können zum Staunen zu bringen.
Angenommen, man wäre ein Exemplar mit absolut nicht vorhandenem Rampensau-Gen und hätte keine Freude daran, Tricks zu lernen und zum Besten zu geben: Was dann? Welche Aufgaben finden sich in der Manege?
Shadow ist eine ehemalige Zirkushündin, die wir – wohl auch wegen ihres Bedürfnisses, im Hintergrund zu bleiben – bei der Hunderunde nur selten antreffen. Und der Name Schatten ist Programm. Grundsätzlich bewegt sie sich so unsichtbar und lautlos wie möglich. In einem übertrieben großen Respektbogen schleicht sie um alle anderen Lebewesen herum und kriecht hinter Büschen ihres Weges. Immer wirkt sie wie von einer Art Tarnkappe umhüllt – jede Aufmerksamkeit ist zu viel.
Außer von der Halterin, einer sehr taffen und bodenständigen Frau mit viel Herz und ganz ohne Erwartungen.
Bitte verstehen Sie mich richtig. Ich habe nichts dagegen, wenn man einem Hund interessante Kunststückchen oder meinetwegen auch Yoga beibringt, sofern er daran selbst Freude hat. Ich kann auch ein paar coole Tricks.
Nur: Ein ständiger Spagat zwischen den Ansprüchen, die andere an einen haben, und dem, was man innerlich ist und fühlt, kann sehr anstrengend sein. Und wird auf Dauer nicht funktionieren.
Zu lange an einem Ort zu verweilen, wo Dinge von einem verlangt werden, die man weder leisten kann noch leisten will, hat Auswirkungen. Und keine guten. Auf das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, auf die Motivation und auf die Zufriedenheit.
Doch wenn man eines Tages einen Platz gefunden hat, an dem man einfach nur sein darf, wer und wie man ist, ohne irgendwen beeindrucken zu müssen, bei Gefährten, die einen zu schätzen wissen, weil sie den wahren Reichtum an Fähigkeiten erkennen – das ist eines der besonderen Geschenke des Lebens.
Wie gut passt der Ort, an dem Sie sind, zu Ihrem innersten Wesenskern?
Jeder sieht, was Du scheinst.
Nur wenige fühlen, wie Du bist.
Niccolò Machiavelli
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